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Mit der Marke Wert schöpfen

Wer von Wertschöpfungsketten redet, meint gemeinhin der Prozess der Leistungserstellung über alle Phasen. Welche Bedeutung die Marke bei absatzpolitischen Überlegungen hat, wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass bei einigen der weltweit größten Hersteller ihr Markenwert mehr als 50% der Marktkapitalisierung beträgt. Damit stellt die Marke im Wertschöpfungsprozess eines Unternehmens den zentralen Erfolgsfaktor dar.

Der klassische Wertschöpfungsgedanke geht unzweifelhaft von einem gesicherten Absatz im Markt aus. Deshalb sind herkömmliche Wertschöpfungsmodelle und -konzeptionen anachronistisch angesichts mehr als übersättigter Verdrängungsmärkte im weltweiten Wettbewerb.

Es muss darum gehen, sich mit der elementaren Frage zu beschäftigen, wie eigentlich angesichts einer solchen Übersättigung Wert geschöpft werden soll. Und es gilt dabei, den Tunnelblick auf Materialfluss, Produktion und Vertriebskanäle zu erweitern auf die Frage, wie eigentlich das Leistunsangebot derart überzeugend ausgestaltet wird, dass der Kunde am Ende kauft.

Einzig er bringt nämlich das Geld am Ende der Wertschöpfungskette ein. Alle Stationen der Leistungserstellung sind als reine Kostenstellen zu verbuchen. Kein Wunder, dass zwischen den Wertschöpfungsstufen ein zunehmender Verteilungskampf grassiert – die alte Weisheit, dass im Einkauf der Gewinn liege, ist im Kontext von unbedingter Preis- und kostenführerschaft heute immer schon „Schnee von gestern“ – weil die Unterbieter auf dem Weg zum Kunden einander überholen, und Qualität zum Wegzoll wird.

Bekanntlich aber kann der Preis vom Abnehmer nur dann diktiert werden, wenn er die Wahl zwischen gleichen, also verwechselbaren Angeboten hat. Und genau hier hat die Qualität der Marke die alles entscheidende Größe im Wertschöpfungsprozess.

Sie begleitet den prozess der Leistungserstellung quasi von der Wiege an. Sie sorgt für die unerlässliche Proflierung bei der Frage, welche Leistung genau angeboten werden soll und warum. Sie ist die Richtschnur dafür, wie die einzelnen Prozesse der Leistungserstellung gestaltet werden. Nicht zuletzt sorgt sie für die Ausgestaltung der dem Kunden zugewandten Seite der Kette – sie gestaltet Kundenbindungsprozesse und bringt die Voraussetzung für eine konsistente Preispolitik.

Wie kann so etwas konkret aussehen?

Nehmen wir zum Beispiel eine Personalberatung (heute nicht selten ein synonym für Personalvermittlung), die sich auf eine bestimmte Branche spezialisiert hat. Bei den Verwechselbaren ihrer Zunft heißt es dann: Kontakte zu Unternehmen aufbauen, den Bedarf erfragen und per Anzeigenschaltung oder durch andere Art der Veröffentlichung (word to mouth) nach geeigneten köpfen zu suchen, diese dem suchenden Unternehmen vorzustellen und schließlich für eine gewinnbringende Provision zu sorgen.

Betrachtet man ein solches Unternehmen unter markenrelevanten Aspekten, schaut man zuerst auf das Potenzial des Unternehmens in direktem Kontext zu seinem Markt. Welche Möglichkeiten bietet der Bedarf im Markt? Lässt sich das eigene Angebot in Bezug darauf stimmig zusammenstellen? Welche Bereiche gibt es in der Personalberatung neben der reinen Vermittlung?

Man wird feststellen, dass bestimmte Marktumstände eigene Anforderungen an Personalberatungen stellen – zum Beispiel aktuell die Anforderung, besonders qualifiziertes Personal anbieten zu können. So kann beispielsweise eine Portfoliostrategie sein, für ein darauf ausgerichtetes Qualitätsmanagement der Angebote zu sorgen – etwa durch hauseigene Assessmentcenter, Karrierecoachings möglicher Bewerber eine professionelle Darstellung der jeweils individuellen Kompetenzen.

Der erste Aspekt der Markenstrategie ist also hierbei eine präzise Marktumfeldanalyse inkl. der Identifizierung möglicher Bedarfsfelder. Der zweite Schritt liegt in der Definition der eigenen Positionierung: Geht es bei der Vermittlung um eine breite Palette der Kompetenzen oder konzentriert man sich auf eine bestimmte Einsatzebene? Welche Ressourcen bestehen hierfür, welche müssen auf- oder ausgebaut werden? Aus der Kombination von Marktbedarf und eigener Fokussierung entsteht so ein mögliches Aktionsfeld für die Beratung.

Die Beantwortung der Frage, wie man seine Leistungen anbieten will, wird in folge zur Richtschnur für alle weiteren Handlungen. So wird eine Personalvermittlung mit Kernwerten rund um das Thema Qualität eben diese in allen Bereichen „durchdeklinieren“: Von der Qualität des bedarfsorientierten Angebots über die Qualität der angebotenen Vermittlungen bis zu präzise ausgestalteten „add-On-services“ – Dienstleistungen rund um die Vermittlung also, die der Beratung abrundend ein geschärftes Profil verleihen.

Für einen Kernwert „innovativ“ hingegen wären sämtliche Fragen nach dem: „was ist neu“ zu beantworten: Möglicherweise bedarf die Branche neuer Berufsprofile (das des Personaldienstleistungskaufmanns etwa wäre ein solches). Die Art der Unternehmensakquisiton müsste sich ebenso der Herausforderung innovativ stellen, wie die Art der Bewerberakquisition, die Zusammenstellung des eigenen Angebotes ebenso wie nicht zuletzt das Erscheinungsbild und die Kommunikation mit den Anspruchsgruppen.

Die beiden letzten Bereiche sind die zuvorderen „Markenboten“: in ihnen zeigt und äußert sich die Marke in der Begegnung mit den Kunden. Deshalb werden Unternehmen langfristig nur dann erfolgreich sein können, wenn sie neben den Kostenaspekten der Leistungskette vor allem auch die dem Kunden zugewandte Seite ihres Geschäfts konsequent unter Kontrolle bringen – will sagen: nach dem Profil der Marke ausrichten.

Genau da nämlich reguliert das System „Marke“ in der Wertschöpfungskette die Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinem Markt. Sie wirkt an der entscheidenden Schnittstelle zu wirklicher Wertschöpfung – dem erfolgreichen Zugang zur zahlenden Kundschaft.

24.08.2016, Stephanie Hartung, Partnerin brandrelation consulting, Hamburg

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