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It’s the brand, stupid!

It’s the brand, stupid!

Die Entwicklung einer Kanzleimarke betrifft die Frage nach der Wertschöpfung

Von Stephanie Hartung; Gastbeitrag erschienen in Deutscher Anwaltspiegel, Ausgabe 15 (24.7.2013)

 

In Veranstaltungen, Veröffentlichungen und aktuellen Gesprächen zum Rechtsmarkt tönt es überall gleich: Alles wird sich ändern, und das nicht zum Guten für Kanzleien. Seien es sinkende Profits per Partner, der dramatische Rückgang des Transaktionsgeschäfts, die deutlich strengere Budgetierung der Honorare, der Ausbau der Rechtsabteilungen in Unternehmen, die stetig wachsende Zahl von zugelassenen Anwälten, die Zulassung von Alternative Business Structures, die weitgehende Abschaffung des Anwaltsmonopols oder die Entwertung einstiger „Raketenwissenschaft“ zur banalen Commodity-Dienstleistung bei entsprechender Vergütung – alle Zeichen weisen darauf hin, dass Kanzleien sich erstens einem spürbar strengeren Gegenwind des Wettbewerbs und zweitens höheren Erwartungen der Märkte werden aussetzen müssen.

Das Marktumfeld

Dementsprechend wächst die Zahl der Schulungen und Ausbildungen, die sich der Professionalisierung der Anwälte als Manager ihrer Kanzleien widmen ebenso, wie die Zahl der Rechtsmarktberater und Dienstleister erkennbar zunimmt. Dabei haben nur wenige erkannt, dass es angesichts der auf die Kanzleien zukommenden Herausforderungen nicht darum gehen kann, an den Symptomen rumzudoktern, die alle ein „irgendwie klappt es nicht mehr so richtig mit dem Erfolg“ aufzeigen.

Natürlich ist es wichtig, Wissen darüber und Methodenkenntnisse dafür zu haben, wie man ein Unter- nehmen effizient und effektiv führen kann, weil muss. Management- und Führungskompetenzen, die Kenntnis alternativer Modelle für Aufbau- oder Ablauforganisationen, effizientes Projektmanagement, Fähigkeiten in Personalorganisation und -entwicklung, Schulung in IT und Kommunikation oder, oder, oder – sie alle sind wesentliche Voraussetzungen für den Erfolg jedes Unternehmens. Und eben auch jeder Kanzlei. Insofern ist es längst an der Zeit, dass diese Kompetenzen in Kanzleien angesiedelt und kompetent umgesetzt werden. Noch aber reden wir hier von der technokratischen Kompetenz für Unternehmensgestaltung. Die Fragen, die sich aber eigentlich stellen, lauten: Wo soll es hingehen, und was genau soll deshalb gestaltet werden?

Was einen guten Unternehmer ausmacht

In der Wirtschaft kann man beobachten, dass weder gute Umsetzungskompetenz noch eine besonders hochwertig erbrachte Leistung einen guten Unternehmer ausmachen. Was einen guten Unternehmer ausmacht, ist dessen unabdingbare Vision davon, welche Welt er durch das, was er unternimmt, (mit)gestalten will. Es ist allein diese Vision, die Richtschnur dafür ist, was genau die Unternehmensgestalt ist, welche Mission das Unternehmen deshalb verfolgt und wie es infolgedessen aufgestellt und gestaltet sein muss. Erst dann können die Technokraten wissen, was zu tun ist. Und erst dann stellt sich die Frage nach deren operativer Umsetzungskompetenz. Es scheint also ein wenig so, als solle hier die Kanzleitreppe zum Erfolg von unten nach oben geputzt werden. Von Symptom zu Symptombeseitigung bis zur obersten Stufe, auf der die Frage steht: Vor dem Hintergrund welcher Idee tun wir all das eigentlich? Die Frage, ob oder wie gut man segeln kann, stellt sich erst nach der Antwort auf die Frage, wohin man segeln will.

Erstens: zunehmender Wettbewerb

Strengerer Wettbewerb weist auf Differenzierung. Ohne Differenzierung kein Alleinstellungsmerkmal. Und ohne dieses wird keine Kanzlei im Wettbewerb bestehen können. Deshalb ist Differenzierung das Gebot für Kanzleien. Und diese gelingt ausschließlich über die prägnante Markierung der Kanzlei. Eine prägnante Markierung führt zu einer prägnanten Marke. Nur durch sie kann deutlich werden, was anders ist. Und nur durch sie gelingt ein überzeugendes Alleinstellungsmerkmal im Markt. Für Kanzleien gilt es also, eine prägnante Marke aufzubauen.

Zweitens: Erwartungen der Märkte

Die höheren Erwartungen der Märkte und Unternehmen weisen auf nötige Orientierung. Sieht man sich heute im Rechtsmarkt um, fällt auf, dass die (erstaunlich wenigen) Versuche eines Kanzleimarkenaufbaus den Fokus auf die Qualität der Rechtsberatung setzen. Dass aber die Rechtsberatung selber nicht die Leitlinie für das Branding einer Kanzlei sein kann, zeigt sich angesichts der zunehmenden Fokussierung der Unternehmen auf die Frage nach der Wertschöpfung anwaltlicher Leistung. Unternehmen erwarten keine hochwertige Zuarbeit. Sie erwarten kompetente Mitgestaltung. Sie sind darauf angewiesen. Es kann deshalb nicht darum gehen, das Profil von Kanzleien dahingehend zu schärfen, dass Rechtsberatung – sei sie rechtsspezifisch spezialisiert oder wirtschaftsrechtübergreifend breit aufgestellt, national oder weltweit – führend, auf hohem Niveau oder mit gutem Service angeboten wird. Dass ein Unternehmen keine schlechte Dienstleistung einkaufen will und wird, versteht sich von selbst. Die Positionierungen der Kanzleien klingen hier gemeinhin so: Unser Auto fährt, gut. Sehr gut. Auf allen Straßen.

Die Entwicklung einer prägnanten Kanzleimarke betrifft deshalb nicht vorrangig die Frage nach der Qualität der Beratungsleistung. Sie betrifft in erster Linie die Frage nach der Wertschöpfung, die mit der Beratung erreicht werden kann. Gefragt ist der quantitative oder qualitative Return on Invest, den die Rechtsberatung für Unternehmen leisten kann.

Worauf es bei der Markenbildung ankommt

Für die Markenbildung fordert das zuallererst die Beantwortung der Frage, mit welcher Vision von Gestaltung oder Mitgestaltung die Kanzlei in den Märkten antritt. Geht es um Lebensverbesserung, Teilhabe, Gestaltung des Umfelds oder der Umwelt, geht es um Bewahren, Entwicklung, Veränderung oder Wachstum? Was genau soll bewahrt, entwickelt oder verändert werden, was soll wachsen? Das mag marginal klingen. Aber ohne Vision ergibt keine Mission irgendeinen Sinn. Sie ist der orientierende Leitstern für Kanzleien, für Unternehmen und für eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Ziel der Wertschöpfung. Ohne Vision fehlt jede verbindende Idee einer gemeinsamen Welt. Und ohne eine gemeinsame Idee davon, was man zusammen erreichen will, macht Zusammenarbeit keinen Sinn.

Dass das so ist, ergibt sich aus der Zunahme der Komplexität der regionalen bis internationalen Märkte. Angesichts der exponentiell wachsenden Anzahl von Marktteilnehmern und Optionen ist jede Kanzlei darauf angewiesen, die Komplexität zugunsten einer klaren, sinnvollen Position zu reduzieren. Aus dem Meer der Mitspieler und Möglichkeiten gilt es eine Wahl der Mitgestaltung zu treffen. Beherzt, konsequent und mit dem unbedingten Willen zum Erfolg. Und genau das leistet die prägnante Marke: Sie ist ein erkennbares und sinnstiftendes System in einem komplexen Umfeld. Prägnanz entsteht durch Konsistenz und die wiederum ergibt sich aus einer konsequenten Gestaltung sämtlicher Kanzleielemente mit Blick auf die Vision. Deren psychologische Funktion ist die sinnvolle Orientierung dafür, dass man weiß, wohin es gehen soll – und mit wem. Die Mission sagt, was man grundsätzlich dafür tut und welche konkreten Ziele sich daraus ableiten. Die Markenwerte geben vor, wie man es miteinander tun wird.

Die anwaltliche Mitgestaltung der Märkte setzt voraus, dass ein differenziertes Wissen um Entwicklungen und Trends in Branchen und Märkten vorhanden ist. Sie fordert die Identifizierung der Marktteilnehmer, die an der Mitgestaltung der Märkte teilnehmen. Und sie fragt dann nach der umfassenden Kenntnis der einzelnen Unternehmen, nach einem Verständnis für deren Möglichkeiten und nach einer Vorstellung von deren Kultur, also deren spezifischem Umgang mit der Mitgestaltung. Allein diese Kenntnisse sind die Voraussetzung für den Aufbau einer prägnanten Marke. Und ohne die wird es nicht gehen.

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